Ausbildungskooperation in Frauenheilkunde und Geburtshilfe führender europäischer und asiatischer Universitäten

Land: Laos und Vietnam
Projektleitung: Michael Runge
Fördersumme: 1,35 Millionen Euro
Laufzeit: 2007 – 2011
Lokale Projektpartner: Siehe unten
Alle Förderer: Siehe unten
Kontakt: Michael Runge

Laos war zu Beginn des Jahrtausends das mit Abstand ärmste und am wenigsten entwickelte Land in Asien und das Land mit der höchsten mütterlichen und kindlichen Sterblichkeit, die hundertfünfzig bzw. vierzig mal höher als in Deutschland war. Ähnlich wie in Vietnam Mitte/Anfang der neunziger Jahre war die Situation nicht nur der politischen und wirtschaftlichen Isolation nach dem Indochinakrieg unter einer kommunistischen Regierung mit Planwirtschaft, sondern auch der geographischen Lage des Landes ohne Meerzugang und den schwer zugänglichen gebirgigen Regionen des Landes geschuldet.

Überreichung der für die Orotta Medical School und das Asmara College of Health Sciences hergestellten Lehrmaterialien in Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Die Gesundheitsversorgung wurde von viel zu wenigen und dazu schlecht ausgebildeten AllgemeinärztInnen sichergestellt. Eine fachärztliche Versorgung gab es außerhalb der Hauptstadt nicht, und die Versorgung der Frauen beschränkte sich auf
dem Land auf 85% Hausgeburten, die durch schlecht ausgebildete Hebammen oder traditionelle ungelernte Hebammen betreut wurden. Geburtshilfliche Notfälle konnten selbst in den Distriktkrankenhäusern nicht betreut werden. 70% dieser Krankenhäuser konnten keinen Kaiserschnitt oder notfallmäßige Bluttransfusionen durch-führen. Eine notfallmäßige Behandlung Neugeborener und der Säuglinge waren im ländlichen Bereich praktisch nicht existent.

Angesichts dieser katastrophalen Lage wandten sich die einzigen fünf im Ausland ausgebildeten FachärztInnen bereits Ende der neunziger Jahre um Unterstützung an uns.
Ab 2001 begannen wir deshalb, unser Vietnam Projekt langsam auf das Nachbarland Laos auszudehnen. In dieser Zeit eröffneten wir bereits ein erstes Ausbildungs-zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Postgraduate Trainings Center) auf dem Campus der medizinischen Fakultät in Vientiane. Wir erarbeiteten ein erstes Curriculum für die erstmalige Ausbildung von FrauenärztInnen in Laos und nahmen den Unterricht mit unseren ersten 18 Lehrbüchern und Modulen, die wir für Vietnam entwickelt hatten, auf.

Eröffnung des zweiten praktischen Trainingszentrums am Sethathirat Lehrkrankenhaus im Beisein von Frau Dr. C. Kröner (Mitte), dem dt. Botschafter (links) und dem laotischen Gesundheitsminister (rechts).

Ziele

  • Senkung der mütterlichen und kindlichen Sterblichkeits- und Erkrankungsraten im Sinne der Millenium Development Goals der Vereinten Nationen um 50%
  • Aufbau einer modernen medizinischen Versorgung für Mädchen und Frauen und ihren Neugeborenen
  • Erstmals Aufbau einer zeitgemäßen Facharztausbildung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und eine verbesserte Ausbildung der MedizinstudentInnen im Land

Durchführung

  • um die fachärztliche Kompetenz auf eine breitere Wissensbasis zu stellen, wurden zu den ursprünglich für Vietnam entwickelten 18 Unterrichtsmodulen weitere 10 vom Projektleiter und anderen DozentInnen der beteiligten Universitäten in Europa erarbeitet
  • da es bisher nicht genug HochschullehrerInnen für die Facharztausbildung gab, musste ein „training-of-trainers“ Programm ins Leben gerufen werden. Geeignete KandidatInnen wurden mit Ausbildungsstipendien nach Deutschland und ins Nachbarland Thailand geschickt, um moderne Didaktik, multimedialen Unterricht etc. zu erlernen
  • die Lehrmaterialien mussten wegen der unzureichenden englischen Sprachkenntnis ins Laotische übersetzt und editiert werden
  • um den besonders von der medizinischen Entwicklung abgeschnittenen Norden von Laos in das Projekt einzubeziehen, sollte dort ein drittes Trainingszentrum für MedizinstudentInnen, Hebammen und Krankenschwestern aufgebaut werden
  • um die praktische Ausbildung an der Universität zu verbessern, wurde ein zweites Trainingszentrum mit einer Lehrambulanz auf europäischem Niveau geplant
  • der Projektleiter sollte 6-7 Monate im Jahr vor Ort leben, klinisch arbeiten, unterrichten und die Durchführung des Projektes mit den Counterparts möglich machen
  • zwölf weitere DozentInnen aus Europa waren bereit, sich am Unterricht (theoretische Module und praktische Ausbildung) für jeweils zwei Wochen pro Modul (28 Module) zu beteiligen

Ergebnisse

  • bis 2011 wurden 51 FachärztInnen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe erstmalig in Laos ausgebildet. Sie versorgen heute in doppelter Besetzung die 17 Provinzkrankenhäuser von Laos und ermöglichen erstmalig die Zuweisung von kranken Frauen zu einer fachärztlichen Behandlung in den Provinzen
  • Diese KollegInnen sind heute ihrerseits für die moderne fachliche Aus- und Weiterbildung der Hebammen, Krankenschwestern und Medizinstudenten in den Distriktkrankenhäusern zuständig und tragen so nachhaltig das Wissen in die Peripherie
  • Es wurden zwei weitere Trainingszentren in Vientiane und im Norden des Landes in Luang Prabang eröffnet. Diese stellen heute zusammen mit dem neuen Hochschullehrern, einem klar definierten Curriculum/Ausbildungskatalog und den Lehrmaterialien das Rückgrat der frauenärztlichen Versorgung in Laos dar.
  • Das Regionalkrankenhaus Luang Prabang wurde mit dem dritten Trainingszentrum zum Lehrkrankenhaus der Universität in Vientiane ernannt und bildet jährlich 50 MedizinstudentInnen, Hebammen und Krankenschwestern
  • Die neuen FachärztInnen an den 17 Provinzkrankenhäusern erhielten eine neue technische Ausrüstung (Ultraschall, Kolposkopie zur Krebsvorsorge, Operationsinstrumente, Mikroskop, Untersuchungs-stühle und teilweise Kreissaalbetten, Herztonüberwachung unter der Geburt (CTG) etc., um ihr erlerntes Fachwissen auch in der Praxis anwenden zu können
  • Es wurden durch Stipendienprogramme (Thailand, Deutschland) fünf junge HochschullehrerInnen ausgebildet
  • 18 der neue ausgebildeten FachärztInnen erhielten Weiterbildungs-stipendien an die Khon Kaen Universität im benachbarten Thailand, um modernes Klinikmanagement und die Organisation von Weiterbildungsveranstaltungen (CME=continuous medical education) zu erlernen
  • Unser Projekt hat im Jahr 2009 zusammen mit den laotischen KollegInnen die erste „Laotische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe“ gegründet. Diese Fachgesellschaft hat bis heute 11 jährliche Jahrestagungen mit allen von uns ausgebildeten KollegInnen, den Hebammen des Landes unter Beteiligung der Gesundheitspolitik und der WHO organisiert und zu deren kontinuierlichen Weiterbildung beigetragen

TeilnehmerInnen des vierten Facharztkurses 2009 in Vientiane vor der theoretischen Facharztprüfung („multiple choice“ Klausuren)

  • es wurden 1.800 unserer Lehrbücher für die Facharztausbildung und die Bibliotheken zur Verfügung gestellt
  • die Kliniken in Vientiane, die Provinzkrankenhäuser, die Bibliotheken der med. Fakultät und unsere FachärztInnen erhielten 3360 CD-ROMs und Video-DVDs zur Aus- und Weiterbildung aller KollegInnen und Hebammen.
  • Die „Albert-Ludwigs-Universität Freiburg“ und die „National University of Laos“ haben durch unser Projekt eine weitergehende Universitäts-partnerschaft gegründet, die zur zukünftigen Internationalisierung der Universitäten und internationalen Kooperation beitragen wird

Eine praktische Facharztprüfung am Krankenbett in Vientiane 2008

Und das Wichtigste zum Schluss

  • Die mütterliche und kindliche Sterblichkeit sank in den 10 Jahren unserer Projekte in Laos über 50 % ( von über 600-800 toten Müttern/100.000 Lebendgeburten auf ca. 280 im Jahr 2011

Patientinnen vor der Sprechstunde im Trainingszentrum Luang Prabang 2010

Überreichung der Facharzturkunden im Rahmen der fünften Jahrestagung der „Laotischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe“ im Jahr 2012

Lokale Projektpartner: Ministry of Health, Vientiane-Laos und Hanoi-Vietnam
University of Health Sciences, Vientiane, Laos und
angeschlossene Lehrkrankenhäuser Sethathirat,
Mother-Child Hospital und Hospital Mahosot
University of Medicine and Pharmacy, Ho Chi Minh City
University of Medicine and Pharmacy, Hue
Tu Du Hospital, Ho Chi Minh City
Hue Central Hospital, Hue
Institute for Mothers and Newborn, Hanoi
Alle Förderer: Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg
Deutscher Akademischer Austauschdienst DAAD, Bonn
Else-Kröner-Fresenius Stiftung, Bad Homburg
Stiftung Entwicklungszusammenarbeit (SEZ) des
Landes Baden Württemberg
Materra Stiftung Frau und Gesundheit e.V., Freiburg
Universitäts-Frauen- und Kinderklinik Freiburg
Universitäts-Frauenklinik Heidelberg
Universitäts-Frauenklinik Bonn
Freie Universität von Amsterdam Abteilung Geburtshilfe
Universitäts-Kinderklinik Düsseldorf
University of Health Sciences, Vientiane
Karl-Storz GmbH, Tuttlingen

Kontakt: Michael Runge

Nach oben scrollen