Manjara-Region: Prävention der Beschneidungspraxis von weiblichen Kindern und Jugendlichen

Eine Kooperation mit NAFGEM

Beitrag in Bearbeitung

Land: Tansania
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Die ländliche Maasai- Bevölkerung aus dem Landkreis Simanjiro hat sich Anfang 2006 an NAFGEM gewandt und darum gebeten, eine Kampagne zum Stop der Beschneidungspraxis in die Region Manyara auszudehnen.

Als Antwort auf diese Bitte und nach Besprechungen mit der örtlichen Partnerorganisation Mama Mwema Group („Gute Frauen“- Gruppe) plant NAFGEM, drei Jahre lang in den drei Gebieten KITWAI, TERRAT und LOBOSIRET Anti- Beschneidungskampagnen durchzuführen., Diese Gebiete umfassen die 10 benachbarten Dörfer Kitwai A, Kitwai B, Londerkes, Terrat, Lobosoit, Sukuro, Laswak, Lobosiret, Emboret und Marakauo.
Die dort vorherrschende ethnische Gruppe sind die Maasai, die 90% der Bevölkerung ausmachen, bei denen wiederum 98% der Mädchen und Frauen beschnitten werden. Andere immigrierten Ethnien sind vor allem Chagga und Pare. Landwirtschaft und Vieh-Haltung sind die Haupt-Einnahmequellen der Bevölkerung.

Die Manyara-Region umfasst 64.359 km². In ihr leben 1.040.461 Menschen, davon 505.896 Frauen und 534.565 Männer. Im Simanjiro Distrikt selbst leben 141.676 Menschen, davon 64.923 Frauen. Hier gibt es noch keine Anti-Beschneidungskampagnen. Daher will NAFGEM die Manyara-Region als neues Projektgebiet erschließen.

In der traditionell sehr konservativen Bevölkerung werden Mädchen zwischen 6 und 18 Jahren beschnitten. Im Moment ist ein Trend zu beobachten, schon Babies zu beschneiden. Dabei werden die Klitoris und die äußeren und inneren Schamlippen entfernt. Man ist der Meinung, dass Frauen, die beschnitten sind, treu bleiben und besser ihre sexuellen Impulse beherrschen können.

Einige Mädchen verbluten oder sterben an Infektionen nach der Beschneidung. Frauen leiden oft ein Leben lang an Schmerzen, Narbenwucherungen, Geburtsproblemen, chronischen Infektionen und nicht zuletzt an psychischen Erkrankungen. Bei beschnittenen Frauen treten während der Geburt dreimal mehr Komplikationen auf als bei nicht beschnittenen.

Ziele

Oberziele

– Möglichst alle Bewohner der Manyara-Region sollen über die Nachteile und Folgen von FGM informiert werden.
– Die Beschneidungspraxis und alle anderen Formen von Gewalt (auch sexuelle) gegen Frauen sollen reduziert werden
– Die Beschneiderinnen sollen davon überzeugt werden, ihr Handwerk nicht weiter auszuüben.

Konkrete Ziele des Projektes

– Information und Aufklärung der gesamten Bevölkerung über die tief greifenden Beschneidungsfolgen für die Mädchen und Frauen.

– Kampagnen zur Überzeugung der Bevölkerung, die körperliche Unversehrtheit der Mädchen zu schützen, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden

– Stärkere Zusammenarbeit mit der Regierung, den Gesundheitsbehörden, der Justiz und der Polizei, um die Sanktionierung aller künftigen Versuche, erneut Beschneidungen durchzuführen, zu erwirken.

– Schaffung eines Problembewusstseins durch Einbeziehung und Rücksichtnahme auf kulturelle und traditionelle Aspekte, die einen großen Einfluss auf die Beschneidung haben.

– Ausbildung von Multiplikatorinnen zur Sicherung der Nachhaltigkeit der Projekttätigkeiten und zur Ausweitung der Projektstrategie

– Verbesserung der rechtlichen und sozialen Stellung der Frauen

Zielgruppen

Zielgruppe des Projekts sind nicht nur einzelne Mädchen, denen die Beschneidung erspart bleiben soll, sondern die gesamte Bevölkerung in der Manyara-Region. Durch die Informations- und Aufklärungsarbeit sollen die Geschlechterverhältnisse zwischen Männern und Frauen verbessert werden. Dabei werden die traditionellen Aspekte, die einen großen Einfluss auf die Beschneidung haben, mit einbezogen. Die ethnischen Besonderheiten in der Bevölkerung sowie die sozialen Stellungen der Betroffenen werden bei der Planung jedes einzelnen Workshops berücksichtigt.

Umsetzung

Instrumente zur Erreichung der Projektziele

1. Kontaktaufnahme zu den politischen Führern im Distrikt und in den Dörfern:
Regelmäßige Workshops mit Stammesführern, Unterführern, Dorfchefs sowie religiösen und politischen Anführern werden durchgeführt. Sie werden gezielt informiert, in die Kampagne einbezogen und dazu gewonnen, die Beschneidungspraxis zu ächten. Es gibt seit 1998 in Tansania ein Gesetz gegen die Beschneidung, es ist aber schwierig, das Gesetz auch in der Praxis umzusetzen, weil selbst die Polizei zu schlecht oder gar nicht über Beschneidung informiert ist und nicht genau weiß, wann sie einzugreifen hat. Daher werden gerade Polizisten und Mitarbeiter der Lokaladministration und Justizbehörden von NAFGEM in die Informationsworkshops integriert, um ihre Unterstützung bei der Abschaffung von FGM zu erhalten.

2. Sensibilisierung der wichtigen Gruppen in der Manyara-Region: 
39 Veranstaltungen mit unterschiedlichen Gruppen in verschiedenen Dörfern des Projektgebiete. Information über die Folgen der Beschneidung, Vorstellung der Ziele und Aktivitäten des Projektes, Auswahl der ersten Multiplikatorinnen.

3. Einige der Projektaktivitäten sind beispielsweise:
– Sensibilisierungs- und Aufklärungsseminare auf dörflicher Ebene
– Monitoring auf Dorfebene für Mitglieder der Mama Mwema Frauengruppe
– Planungs- und Informations- Workshop für politische Bezirksräte
– Planungs- und Informations- Workshop für Meinungsbildner und Schlüsselpersonen
– Sensibilisierungs- und bewusstseinsbildende Workshops auf Distriktebene für Maasai-Ältere und Maasai-Führer
– Identifizierung und Schulung von Beschneiderinnen
– Feedback und Auswertungs- Workshops mit den Meinungsbildnern und Schlüsselpersonen

4. Fünfzehnminütige Radiosendungen: 
Ein wichtiger, für die lokale Bevölkerung glaubhafter, Informationsweg sind Radiosendungen. Sie werden von dem lokalen Radiosender (Sauti ya Injili Moshi) vorbereitet, aufgenommen und einmal wöchentlich ausgestrahlt. In den Dörfern sind sie oft die einzige Informations- und Unterhaltungsquelle der Bevölkerung. Im Dorfzentrum befindet sich mindestens ein Radiogerät, an dem sich die Dorfbewohner vor allem abends treffen. Die Sendung informiert über Folgen und Schäden für die Gesundheit durch Beschneidungen sowie über staatliche Gesetze und alle relevanten Themen in dem Zusammenhang.

6. Theaterstücke mit lokalen Schauspielern: In ca. 12 Veranstaltungen jährlich werden in Schulen und Gemeindezentren Theaterstücke gegen Beschneidung aufgeführt. Videoprojekt in Kisuaheli: 
Die Analphabetenrate auf dem Land ist bei der Massai- Bevölkerung sehr hoch. Es hat sich gezeigt, dass Videoaufnahmen ein effektives Instrument darstellen, um Analphabeten nachhaltig zu informieren. Daher werden die Aktivitäten von NAFGEM gefilmt, wie z.B. Interviews mit Betroffenen, Zeremonien, in denen Beschneiderinnen die Messer niederlegen und schwören, nie wieder zu beschneiden. Ebenso werden die Vorführungen der Theatergruppe auf Video aufgenommen. Diese Kurzfilme werden anschliessend als Schulungsmaterial in den Dörfern, Schulen, Seminaren und auf Workshops genutzt.

7. Vermittlung von Mikrokrediten zur Initiierung Einkommen schaffenden Aktivitäten für Beschneiderinnen (Kooperation mit SACCOs):
NAFGEM arbeitet seit Anfang 2000 mit SACCOs (Savings- and Credit Associations) zusammen. SACCOS ist eine eigenständige Gesellschaft, die Mikrokredite vergibt, um neue Existenzen aufzubauen, z. B. im Bereich Kleinhandel, Kunsthandwerk, etc., und wurde von der tansanischen Regierung über das Entwicklungsministerium initiiert. Die Tätigkeit von NAFGEM beschränkt sich auf die Vermittlung von Frauen an SACCOs, welche die Kleinkredite an die empfohlenen Frauen vergibt. Die Frauen werden zu Töpferinnen, Händlerinnen oder Kleinunternehmerinnen ausgebildet. Dazu bekommen sie Kleinkredite, die sie erst wieder zurückzahlen müssen, wenn ihr Geschäft läuft.

8. Offizielle Treffen der Dorfchefs, Frauengruppe und ehemaligen Beschneiderinnen:
Bei offiziellen Veranstaltungen, die in Form von Zeremonien abgehalten werden, schwören die ehemaligen Beschneiderinnen öffentlich ab und entsagen damit jeglichen künftigen Beschneidungspraktiken. Dieses traditionelle Abschwören vor den versammelten ethnischen Führern, den politischen Repräsentanten und NAFGEM ist die Garantie, dass die ehemaligen Beschneiderinnen ihre Tätigkeit endgültig aufgeben. Es hat zudem eine wesentlich höhere Wirksamkeit als beispielsweise ein schriftlicher Vertrag. Mit alternativen Initiationsriten wird in festlichen Veranstaltungen die Unversehrtheit der nicht mehr beschnittenen Mädchen gefeiert, die fortan als Frauen gelten.

9. Capacity Buildung besonders aktiver Frauen in den Dörfern als Multiplikatoren:
Um die Fortführung der initiierten Projektaktivitäten zu sichern, werden im Laufe des Projekts aktive Frauen oder Frauengruppierungen sowie Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Lehrer und ehemalige Beschneiderinnen gewonnen. Diese sollen von NAFGEM geschult und während der Projektzeit und auch nach Ende des Projektes die Sensibilisierung weiterführen. So wurden die Mitglieder der Mama Mwema Frauengruppe dazu gewonnen, sich NAFGEM anzuschließen und dort unter der Leitung von NAFGEM Aufklärungsarbeit zu betreiben. Diese Gruppen oder Einzelpersonen werden von NAFGEM für die spezielle Anti-FGM-Arbeit geschult. Es sind Frauen, die dort leben und den dort ansässigen Ethnien angehören, weshalb ihnen die dort lebenden Menschen Vertrauen entgegenbringen. Hierdurch wird gesichert, dass die Projektaktivitäten nachhaltig wirken und auch nach dem Ende der Projektlaufzeit durch die Multplikatorinnen weitergeführt werden.

10.Erwerb von Sensibilisierungsmaterial:
Broschüren, Poster, Videoplayer, Video- und Audiokassetten.

Die Nachhaltigkeit wird zum einen gesichert durch die (nicht finanzielle) Unterstützung der Regierung – besonders von Präsident Kikwete – , das Gesundheitsministerium, Frauenverbände, Kirchen und Schulen, die NAFGEM in ihrer Arbeit unterstützen, ihnen den Zugang zu Institutionen erleichtern und helfen, ein Netzwerk aufzubauen.

Projektträger im Partnerland.

NAFGEM Network Against Female Genital Mutilation in Tansania
P.O. Box 6413 Moshi, Tansania

NAFGEM hat sich durch Aufklärungkampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung bewährt. Weiter wurden Beschneiderinnen zu traditionellen Geburtshelferinnen, Töpferinnnen und Kleinhändlerinnen umgeschult werden. Durch die Arbeit von NAFGEM kam es zu einem sichtbaren Rückgang der Genitalbeschneidung in der Kilimanjaro-Region.

Hier geht es zur Homepage des Radiosenders in Moshi, Tansania, der die Aufklärungssendungen im Rahmen des Nafgem-Projekts macht: „Sauti ya Injili“ („Stimme des Evangeliums“).

Kontakt: ursula.biermann@materra.org

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